Überlebensstation für
Obdachlose

Am 05. Januar 2001 ist mit der Überlebensstation GULLIVER ein Standort für die Unterstützung obdachloser Menschen gewählt worden, der sich im Schatten des Kölner Doms, in unmittelbarer Nähe zum Hauptbahnhof, dem Rheinufer und der Kölner Altstadt im Bahnbogen 1 der Hohenzollernbrücke befindet.

GULLIVER bietet als erste modellhafte Einrichtung seiner Art in Deutschland für seine Gäste ein Angebot, dass sich durch ausgedehnte Öffnungszeiten vom frühen Morgen bis zum späten Abend und an den Wochenenden auszeichnet. So werden Randzeiten abgedeckt, in denen Obdachlose diese Hilfen besonders notwendig brauchen. GULLIVER hat mit seinem Dienstleistungsangebot einen besonders hohen Nutzwert für die Zielgruppe.

Um das Überleben auf der „Platte“ zu sichern, bietet GULLIVER u. a. folgende Angebote zur physischen und psychischen Versorgung:

  • körperliche Hygiene (Duschen, Toiletten etc.)
  • „Dormitorium“ – Tagesschlafraum
  • Waschmaschine und Trockner
  • Kleiderkammer
  • Friseurangebot
  • Akkuladestation, z. B. für Mobiltelefone
  • postalische Erreichbarkeitsadressen
  • Frühstück und Abendessen, diverse kleine Mahlzeiten im Cafébereich
  • Info- / Jobbörse und Internetnutzung an zwei PC´s
  • Beratungs- und Gruppenangebote
  • offene und geschlossene Möglichkeiten zur Gepäckaufbewahrung
  • regelmäßig wechselnde Kunstausstellungen und Kulturangebote

Darüber hinaus eröffnet GULLIVER als Beschäftigungsprojekt, – „Aus Gästen werden Mitarbeiter!“ – wohnungslosen Menschen eine sinnstiftende Tätigkeit und einen Einstieg zur Integration in den Arbeitsmarkt. So ergibt sich die Chance eigene Problemlagen zu klären und neue Lebensperspektiven zu entwickeln und umzusetzen. Dieser Prozess wird bei Bedarf und auf Wunsch von den pädagogischen Fachkräften unterstützt. Die Soziale Arbeit wird im GULLIVER als verbindliches Dienstleistungsangebot an seine obdachlosen Gäste und Mitarbeiter verstanden. Es soll in einer entwürdigenden Lebenssituation und den oft kränkenden und im wahrsten Sinne des Wortes verletzenden Alltagssituationen, niemand mit „sozialer Arbeit belästigt“ werden.

Aus Gästen werden Mitarbeiter

Beschäftigungsprojekt GULLIVER

GULLIVER bietet in diesem Zusammenhang auch von seiner hochwertigen Ausstattung, einen respektvollen und würdevollen Raum, der es erlaubt von dem unsteten Leben auf der Straße ein wenig Abstand und Ruhe zu finden. Auch dies gehört zum Ausdruck von Respekt und der Achtung der Menschenwürde in einer weitgehend entwürdigenden Lebenssituation.
GULLIVER entwickelt seine Angebote an dem Bedarfs- und Nutzwert seiner obdachlosen Gäste und Mitarbeiter. Diese nehmen durch Anregungen oder auch Kritik an der Weiterentwicklung der Einrichtung teil. Durch diesen partizipativen, dialogischen Prozess wurden in den letzten Jahren die Akkuladestation für Handy’s und Laptops, die Computer mit Internetzugang und eine umfangreiche offene und geschlossene Gepäckaufbewahrungsstation verwirklicht.

Seit der EU-Ost-Erweiterung im Jahre 2005 und insbesondere seit dem Jahr 2007 der Südosteuropäischen Erweiterung hat sich der Alltag in der Überlebensstation sukzessive und grundlegend verändert. Zunächst polnische, dann vermehrt rumänische und bulgarische Staatsbürger, die bei relativ niedriger, beruflicher Qualifikation keinen Einstieg in den legalen deutschen Arbeitsmarkt gefunden haben und de facto in Köln in der Obdachlosigkeit leben, nutzen die Einrichtung zur Deckung ihrer existenziellen Bedürfnisse. Dies hat bei fehlender Sprachkompetenz auf beiden Seiten, bei der erhöhten Nutzeranzahl bei gleichbleibendem Angebot und fehlender personeller Ausstattung zu vielfältigen Problemlagen geführt.

In Kooperation mit der Fachhochschule Düsseldorf – Forschungsschwerpunkt Wohlfahrtsverbände und mit der freundlichen Unterstützung und Förderung des Ministeriums für Arbeit, Integration und Soziales NRW (MAIS NRW) hat KALZ e. V. (Trägerverein von GULLIVER) die Studie „PORT GULLIVER“ (MAI 2013) zur Situation der südosteuropäischen Migranten und deren Auswirkungen auf die Kölner Wohnungslosenhilfe erstellt. Im Folgejahr 2014 konnte mit Unterstützung des MAIS NRW, Aktionsprogramm „Obdachlosigkeit verhindern – Weiterentwicklung der Hilfen in Wohnungsnotfällen“ in GULLIVER erstmalig und modellhaft ein Beschäftigungsprojekt „PORT GULLIVER“ für südosteuropäische Migranten erfolgreich installiert werden. Herr Minister Guntram Schneider besuchte das Projekt und die Projektteilnehmer im Dezember 2014.

GULLIVER ist die Reißleine, die meinen freien Fall beendet hat.

Obdachloser W.

GULLIVER ist eine der wenigen Einrichtungen, die die Schwerpunkte von Arbeit und Beschäftigung, Integration und Soziales miteinander vereint.
In den vergangenen zehn Jahren hat sich GULLIVER zu einer interkulturellen, niedrigschwelligen Einrichtung im Bereich der Kölner Wohnungslosenhilfe entwickelt. Im Rahmen der EU-Binnenmigration treffen sich in GULLIVER neben den heimischen Gästen, nunmehr Menschen aus Polen, Bulgarien, Rumänien und Serbien, sowie aus den EU-Staaten Spanien, Italien, Frankreich u. a., um ihr Überleben auf der Straße zu sichern. So spiegelt sich auch im Bereich der Wohnungslosenhilfe die gesamtgesellschaftliche Situation in Deutschland wieder. Für die Einrichtungen der niedrigschwelligen Wohnungslosenhilfe besteht die zwingende Notwendigkeit für diese Situation räumlich, fachlich und finanziell ausgestattet zu werden.

Die Überlebensstation für Obdachlose GULLIVER wird am Tag von 150 bis 200 obdachlosen Menschen genutzt. Dies bedeutet im Monat bei einem Durchschnitt von 175 Personen, dass die Angebote des GULLIVER 5.250 Mal pro Monat und auf das Jahr gesehen, 63.000 Mal genutzt werden.

GULLIVER ist bestes Beispiel stadtbürgerschaftlichen Engagements. Ohne die großzügige Unterstützung der Kölner Bürgerschaft und mittlerweile über die Kölner Stadtgrenzen hinaus, beginnend in der Planungs- und Bauphase der Einrichtung bis zum heutigen Tage, wäre die Arbeit von GULLIVER nicht möglich. Wir verstehen diese Unterstützung voller Dank als Bestätigung unsere Arbeit für obdachlose und arme Menschen, zugleich aber als Auftrag unser Engagement in diesem Sinne fortzusetzen. Wir danken allen, die mit ihrer Unterstützung GULLIVER Tag für Tag möglich machen.